Dienstag, 9. Oktober 2012

un(ENTSCHIEDEN)

Der Bistumsjugendtag in diesem Jahr stand unter dem Theme "un(ENTSCHIEDEN)". Schon länger im Vorfeld hatte ich einen Workshop zugesagt ohne zu wissen, dass dieses Thema mich selber in diesen Tagen so beschäftigen würde.

Inhaltlich hat mir Ignatius von Loyola mit seinen sowohl geistlichen als auch ganz pragmatischen Entscheidungshilfen Orientierung gegeben. Die Kriterien für eine gute Entscheidung, vorbereitende Elemente und auch mögliche Gefahren sowie Methoden haben die Jugendlichen zusammen mit mir erarbeitet und präsentiert. Ungefähr 12 Teilnehmer pro Workshoprunde (es gab zwei) beschäftigten sich damit.

Für Interessierte gibt es hier die Präsentation zu sehen.


Download von Materialien unter: http://goo.gl/ygeSF

Samstag, 6. Oktober 2012

Genfest 2012


Hunderte bunte Flipflops, Sandalen und Sportschuhe berühren den Asphalt zum Takt der Musik. Junge Menschen aus der ganzen Welt verwandeln den Vorplatz der Budapester Sport Arena in eine riesige Tanzfläche. Es spielen sich spontane Performance ab wie man sie nur aus Tanzfilmen wie StepUp oder Dance kennt: der junge Brasilianer im grüngelben Achselshirt präsentiert unter Jubel und Applaus eine Breakdane-Einlage, das junge Paar aus dem Irak legt spontan einen Tango hin, die vier Japaner hüpfen über die Tanzfläche – dann wieder großes Parkett. Wüsste man nicht, dass sich keine zwei Stunden zuvor die Jugendlichen, die sich hier als eine „neue Generation“ – kurz Gen – bezeichnen, in einer altehrwürdigen  Pfarrkirche zur Hl. Messe getroffen hätte, würde man sagen es ist einfach eine riesen Party wie jede andere. Spürt man hier mehr als ausgelassenes Feiern?


Ein bunter Mix aus künstlerischen, kulturellen und spirituellen Programm erwartet die Jugendlichen hier. Der Großteil davon wurde selber von Jugendlichen professionell einstudiert. Wird der Kirche und ihrem Gedankengut doch oft als vertaubte Antiktruhe gezeichnet – hier zeigt sich universale Geschwisterlichkeit, Liebe und Aufmerksamkeit für den Nächsten in einen Gewand, wie es zeitgemäßer nicht sein kann ohne dabei oberflächlich oder profillos zu wirken.
Das Eröffnungsprogramm beginnt mit einer tänzerischen Choreographie, die in wenigen Minuten den wechselvollen Verlauf der Geschichte Ungarns darstellt. Auf der großen Leinwand im Hintergrund wird eine aufwändige Präsentation  mit Bildern aus vergangen und gegenwärtigen Tagen des Landes gezeigt.





„Als meine Schwester in meinen Arm starb, ich wusste einfach nicht wie ich den Willen Gottes darin erkennen kann.“ Der junge Mann aus Brasilien erzählte zunächst von seiner Mutter, die schon früh an Multipler Sklerose starb und nun von seiner Schwester. Das Erzählte berührt die Jugendliche. Es macht ihnen Mut als der Junge davon berichtet, wie er im Leben seiner Schwester und seiner Mutter mit ihrer großen Liebe, die sie ausgestrahlt haben, etwas entdeckt. „Es ist noch immer nicht leicht, letztlich bleibt der Wille Gottes auch ein Geheimnis, dass sich nur erahnen lässt.“ Ganz verstehen kann man die Geschichte wahrscheinlich nur, wenn man diesen jungen Mann selber gehört hat. Allein steht er am Mikrofon und erzählt 12.000 Jugendlichen, die still und gespannt zu hören, seine Erfahrung mit Gott. Der ganze Samstag ist von „Erfahrungen“ aus der ganzen Welt geprägt, die die Jugendlichen erzählen. Sie sprechen immer wieder vom Wirken Gottes in der Welt und davon, wie es mit ihm gelingt, Brücken zum anderen zu bauen. Ein Jugendlicher fasst es zusammen  „In unserem Alltag begegnen uns täglich viele große und kleine Abgründe. An uns liegt es, einen ersten Schritt, eine Brücke zum anderen zu wagen.“

Mittwoch, 29. August 2012

Jó napot...

heißt auf ungarisch Guten Tag!
Mittlerweile haben wir das Ziel, das wir seid letzten Freitag mit dem Fahrrad verfolgen, erreicht: Budepest. Auf dem Donauradweg sind wir ungefähr 500 km mit dem Fahrrad unterwegs gewesen. Startpunkt war Passau. Von dort aus sind wir nach in jeweils Tagesetappen Linz - Wien - Bratislava - Esztergom - Budapest mit dem Zweirad entlang gefahren. 

Für das Gepäck hatten wir ein Begleitfahrzeug, das immer von ein oder zwei aus der Gruppe gefahren wurde. Diese konnten dann oft das Ziel schon viel eher erreichen, einkaufen und manchmal sogar schon etwas kochen...
Bis auf einen geflickten Reifen, (m)ein schmerzendes Knie und zwei glimpfliche Stürze sind wir wirklich heil geblieben. An unseren Übernachtungsorten sind wir von ganz unterschiedlichen Menschen/ Einrichtungen aufgenommen worden: Pfarreien, Ordenshäuser und Missionszentren. Stets aber immer mit großer Gastfreundschaft und Herzlichkeit!


Nun erwarten uns einige Tage Budapest. Ein internationales Treffen von Jugendlichen aus der ganzen Welt wird hier von der Fokolarbewegung getragen: das Gen-Fest. "Let's bridge" heißt das Motto - "lasst uns Brücken bauen", könnte man es übersetzen. Was genau sich in diesen Tagen hier ereignen wird - dazu später mehr.

Montag, 13. August 2012

Ferienzeit

Die letzten Wochen in Freiburg waren durchaus turbulent. Tausend Dinge wollten erledigt und bearbeitet werden ... . Deo gratias, dass hier alles so gut geklappt hat. Wohnung und Umzug stehen mittlerweile für Anfang September. Die Prüfungen in Freiburg habe ich trotz aller Umstände erfolgreich ablegen können.

Für die Ferien stehen nun noch Hausarbeiten zu zwei interessanten Themen an. Zum einen schreibe ich zur Christologie des Isenheimer Altars. Während meiner Freiburger Zeit konnte ich ihn dreimal besuchen und bestaunen. "Bestaunen" ist schon das richtige Wort, denn die Bilder, die Matthias Grünewald für das Antoniterkloster in Isenheim gemalt hat, haben eine Tiefe und Intensität die den Betrachter der Bilder wirklich beeindrucken und berühren können. Inhalt der Hausarbeit wird also Aussagen über Jesus Christus sein, die Grünewald in die Gestaltung seines Altars benutzt hat. Es sind zentrale Sätze wie "Jesus Christus - wahrer Mensch und wahrer Gott", die er auch durch künstlerische Ausgestaltung zum Ausdruck gebracht hat. Die Analyse und Deutung ist sehr interessant und vielschichtig.



Die andere Hausarbeit dreht sich um das Thema der "viri probati". Es geht um in Glaube, Beruf und Familie bewährte Männer, die man durch Weihe in den Klerus aufnimmt. Diese viri probati gibt es bereits in der Katholischen Kirche. Fast alle ständigen Diakone sind beispielsweise solche viri probati. Immer wieder entfacht die Diskussion darüber, inwiefern es möglich sein könnte, dass diese erprobten Männer auch zu Priestern geweiht werden und ihre Ehe fortführen. Die Kirche lässt immer wieder einzelne Männer zu, bspw. konvertierte ehem. evangelische Pfarrer die nach Dispens des apostolischen Stuhls zum Priester geweiht werden können. Letztlich ist der Zölibat ein kirchliches Gesetz, das eine große und tiefe Aussage über die Ganzhingabe eines Menschen an Gott ausdrückt. Der Zölibat wird (sollte!) als ein hohe Gut der Kirche angesehen werden. Für mich persönlich ist es immer wieder beeindruckend und überzeugend, Menschen zu begegnen die Gott in einer ganzheitlichen Hingabe zu erleben, die so tief ist, dass es zu einem Lebensstand und -stil wird. Dieses Thema ist äußerst komplex und nicht einfach zu bearbeiten. Im letzten handelt es sich um eine Güterabwegung von verschiedenen Argumenten, die auf beiden Seiten ein pro und contra zu Tage fördern und nur sehr schwer abgewogen werden kann. Das Thema der Hausarbeit wird nur einen Punkt betrachten: Die Zugangsvoraussetzung für diese viri probati. Es handelt sich dabei letztlich um eine recht spekulative Hausarbeit, die nur "für-den-Fall-wenn" eine Rolle spielt. Zugangsvorraussetzungen könnten jetzt stark vereinfacht und nur exemplarisch eine fundierte theologische Ausbildung, eucharistische Frömmigkeit, Loyalität und Beheimatung in der Kirche, und ein geistliches Leben, geprägt von Gebet in der Familie sein.
Es ist übrigens wirklich "Zufall", dass ich mich mit dieser Thematik auseinandersetzen muss. Die Seminarthemen wurden vor einem halben Jahr von den Professoren verteilt - ich habe nun dieses Thema bekommen.


Neben diesen theologischen Arbeiten freue ich mich vor allem auf die vielen persönlichen Begegnungen und Wiedersehen und auf eine größere Fahrradtour nach Budapest Ende August. Von Passau aus geht es über Wien entlang der Donau in die Hauptstadt Ungarns. Dort ist dann ein großes  Treffen der Jugendlichen der Fokolarbewegung. Eine Offenheit für alle gestaltet und ein internationales Flair werden diese Tage prägen.

Montag, 16. Juli 2012

beURLAUBt

Ein Jahr Urlaub ... Sommer, Sonne, Strand und Cocktails. "Wer so denkt, denkt falsch."1, um es mit Worten unseres Diözesanadministrators zu sagen. Ihn habe ich vor zwei Wochen darum gebeten, mich vom Priesterseminar zu beurlauben.

Grund für dieses Gesuch ist: Ich habe mich verliebt. Für mich ist es in dieser Intensität eine Überraschung. Weder vorhergesehen, noch gesucht, noch ausgemalt. Sicherlich wusste ich, dass es bis zur Priesterweihe immer eine Alternative gibt. Was ich mir aber bisher nicht vorstellen konnte, nimmt nun Gestalt an. Diese Freundschaft hat echtes Potential ...

Vier Jahre Priesterausbildung sind nicht einfach vorbei. Ich werde nichts überstürzen oder über den Haufen werfen. Ich bin diesen Weg trotz mancher Schwierigkeit immer mit ganzem Herzen gegangen. Von Anfang an war mir klar: Ich hab ein klares Ziel vor Augen, doch werde ich es nicht verkrampft oder mit Scheuklappen verfolgen. Als ich damals in der Dresdner Kathedrale spürte, dass ich diesen Schritt ins Priesterseminar wagen sollte, bat ich um Seine Führung in meinem Leben. Das hat schon damals mit eingeschlossen, dass er vielleicht sogar noch etwas ganz anderes mit mir vorhat... .

Ich habe im Rückblick auf meine 24 Jahre bisher immer wieder den "roten Faden" in meinem Leben erkennen können. Nun mache ich mich wieder auf die Suche nach diesem roten Faden. Für mich ist klar, dass es sich jetzt wieder um eine richtungsweisende-existenzielle Entscheidung handelt. Zugegeben: das Suchen, das Ringen - es fällt mir manchmal sehr schwer. "Aber gerade darin wird eine Antwort auf deine Frage erwachsen", so mein geistlicher Begleiter.

Beurlaubung heißt konkret: Ich bleibe Priesteramtskandidat, wohne aber nicht im Priesterseminar. Mein Studium werde ich wie geplant in Erfurt fortsetzen. Diese Zeit der Berulaubung trägt einfach den Tatsachen Rechnung und soll dazu dienen eine Entscheidung überlegt und verantwortet zu treffen.

Damit verbunden sind für mich natürlich noch tausend andere Fragen: eigene Wohnung, Möbel, Küche, Waschmaschine. Neben der eigentlichen Frage und den Herausforderungen des Studiums muss ich mich nun auch von der Kehrschaufel bis zum Kleiderschrank um alles kümmern ... so gibt es noch tausend Nebenschauplätze.

Die Reaktionen sind bis jetzt sehr unterschiedlich gewesen. Ich habe unterschiedliche Facetten wahrgenommen: Enttäuschung, Ratlosigkeit, aber auch ein einfaches Da-sein, mit Aushalten und Begleiten, auch ein sich freuen. Ich kann eine gewisse Enttäuschung verstehen - haben doch viele "mitgefiebert" und gehofft. Außerdem braucht die Kirche nach wie vor gute Priester, die die Bereitschaft haben ihr ganzes Leben in Dienst zu stellen. Das fand und finde ich immer noch beeindruckend, wichtig und großartig. Aber es braucht auch eine inneres Vermögen, eine Berufung so zu leben ... ich denke, dass nicht jeder dafür geschaffen ist. Ich bin nun auf der Suche, diese Frage für mich zu beantworten ...

Für alle Begleitung in dieser spannungsreichen Zeit bin ich sehr dankbar!




1 Michael Bautz, Predigt in der Ölweihmesse, Montag der Karwoche 2012.


Freitag, 8. Juni 2012

Fronleichnam

Hier in Baden-Württemberg ist Fronleichnam noch ein Feiertag: Die Geschäfte haben zu, die Straßenbahnen fahren nur aller 15 Minuten, man plant für den Nachmittag einen Ausflug Natur und man trifft sich im Zentrum der Stadt zum gemeinsamen Gottesdienst. In Freiburg begann alles mit einem Pontifikalamt im Münster. Anschließend eine große Prozession durch die gesamte Innenstadt. Für mich Diasporakind war das natürlich schon etwas beeindruckend. Eine solche große Prozession hatte ich das erste Mal im Bamberg erlebt.





Am Nachmittag ging es dann noch zu einem kleinen Ausflug an den Rand von Freiburg. Am Opfinger See lässt es sich schön laufen - bisher kannte ich diesen nur von Erzählungen. 


Montag, 4. Juni 2012

Fruchtfleisch ist auch keine Lösung

Mein Bruder hatte am vergangen Freitag Geburtstag. Ein Buch, das mein besonderes Interesse geweckt hat, möchte ich kurz mit einem seiner Gedichte vorstellen. "Fruchtfleisch ist auch keine Lösung" (Heiko Werning, Volker Surmann Hrsg.)).


Etwa dreißig erfahrene Satiriker, Humoristen und Lesebühnen-Autoren Vegetarier wie Fleischesser erzählen mitten rein in die vor sich hin brodelnde Debatte Geschichten über Fleischkonsum und Vegetarismus, über Wildschweinjagd und Zartgemüse. Bissig, satirisch, kontrovers, aber trotz aller Gegensätze vereint in einem geschmackvollen Buch.
Ein Gedicht fand ich doch irgendwie so amüsant, dass ich es als "Schmankerl" nicht vorenthalten möchte.



Martin Betz 
Von der Liebe  
Ich kaufe, weil ich Tiere liebe,
nur Fleisch vom Käfigzuchtbetriebe.
Doch Ökofleisch aus Bioschlachtung
verschmäht ein Tierfreund voll Verachtung.

Froh kreuzt ein Biotier die Wiese.
Zack! schlachtet man's! Das ist das Fiese.
Das Tier wird reinstem Glück entrissen -
vom Tode wollt's noch gar nichts wissen!

Doch seht das Käfigtier: Es leidet.
Wie gern es da von hinnen scheidet!
Dem Schlachter folgt es gern und willig,
und seine Schenkel schenkt's mir billig.

So kauf ich, weil ich Tiere liebe,
nur Fleisch vom Käfigzuchtbetriebe.